Das Valle d’Aosta gehört zu jenen Regionen Italiens, die noch wenig bekannt sind. Massentourismus ist hier ein Fremdwort. Dabei ist das Aostatal ein verstecktes Juwel inmitten der Alpen. Reich an spektakulären Landschaften, historischen Schätzen und Kultur. Wir entdeckten das abgelegene Valpelline, wandelten auf römischen Spuren in Aosta und genossen die valdostanische Kulinarik.

Legendärer Transit-Pass

Bahamas Martini

Der Pass des Grossen Sankt Bernhard liegt auf 2469 m Höhe.

Zwar wäre die Fahrt durch den Tunnel deutlich schneller, aber wir würden viel verpassen. Auf der gut ausgebauten Strecke befahren wir lieber die dritthöchste Passstrasse der Schweiz. Sie führt durch die alpine Landschaft bis zum berühmten Hospiz auf dem Grossen Sankt Bernhard. Dort wohnen noch heute ganzjährig Mönche. Im Winter ist die Passstrasse zwar gesperrt, doch das Hospiz ist zu Fuss erreichbar. Nach einem obligaten Fotostopp machen wir uns auf den Weg bergabwärts. Am auf der italienischen Seite liegenden See vorbei, durch das Valle del Gran San Bernardo in Richtung Aosta.

Willkommen im Schlemmerland

Vorspeise-Variationen im Restaurant La Maison de Franco in Valpelline.

Kurz vor der Hauptstadt des Aostatals biegen wir ab. Das Valpelline ist ein langgezogenes Tal, das als Geheimtipp gilt. Genauso wie die Adresse unseres Restaurants. Um 11 Uhr sind wir im Walliser Martigny losgefahren und kurz nach 13 Uhr nehmen wir hungrig in der La Maison de Franco Platz. Wir sind die einzigen Gäste im kleinen Restaurant, das mit grossartiger Kulinarik überrascht. Die Vorspeisen schmecken jede für sich einfach köstlich. Auch die selbstgemachten «Gnocchi con fondue di blue d’aosta» als Primi sorgen für Begeisterung. Ein anderer Käse spielt im Aostatal aber eine überragende Rolle.

Die Käsekönigin des Aostatals

Handarbeit im Reifungskeller der Fontina DOP Käse in Valpelline.

Mit dem Profil des Matterhorns sind nicht nur Schweizer Produkten versehen. Jenes auf den Laiben der Käsesorte Fontina DOP zeigt den ikonischen Berg von der italienischen Seite aus. Wie der Käse aus der Milch der Aostataler Kuhrasse hergestellt wird, erfahren wir im Fontina-Museum in Valpelline. Dort befindet sich in einer ehemaligen Kupfermine das riesige Reifungslager. Der Fontina-Käse ist eine wichtige Zutat in vielen Gerichten, wie beispielsweise Polenta oder der Seupa à La Valpelenentse.

Hüttenromantik im Valpelline

Das B&B Alpe Rebelle in Bionaz im Valpelline.

Diese für das Valpelline typische Suppe wird auch auf der Alpe Rebelle serviert. Unsere Unterkunft liegt fast am Ende des Tals und ist in der typischen Architektur erbaut. Das vom Ehepaar Ilenia und Daniele geführte Haus ist vor allem bei aktiven Gästen sehr beliebt. Nicht umsonst prangt das Bild eines Kletterers an der Hauswand, denn die Gastgeber sind erfahrene Alpinisten und ehemalige Hüttenwarte.

Im Chalet-Stil übernachten

Doppelzimmer im B&B Alpe Rebelle in Bionaz.

Das ehemalige Haus des Grossvaters wurde liebevoll renoviert. Die sechs Gästezimmer sind sehr gemütlich und verfügen über ein eigenes Badezimmer. Also deutlich komfortabler als auf einer Hütte in den Alpen.

Aussichtsreiche Lage

Aussicht von der Alpe Rebelle über das Valpelline.

Wer die Ruhe sucht und weit weg von städtischem Trubel sein möchte, ist hier am richtigen Platz. Das langgezogene Tal ist noch ein Geheimtipp! Hier sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht.

Seilpark und Streichelzoo

Tierische Begegnungen auf der Alpe Rebelle im Valpelline.

Denen sind wir zwar nicht begegnet, aber dafür den Haustieren der Familie. Ein Esel, ein Maultier und Ziegen grasen auf dem weitläufigen Gelände. Im dazugehörenden Wald hat Daniele sogar einen Abenteuer- und Seilpark für die Gäste errichtet. Die Mutigen unter uns probieren den natürlich gleich aus.

Riesiger Staudamm am Talende

E-Bike Ausflug entlang des Stausees Place Moulin.

Beim E-Bike-Ausflug sind dann wieder alle dabei. Mit Guide Mattia starten wir unsere Tour entlang des grössten künstlichen Stausees des Aostatals. Der imposante Staudamm gehört zu den grössten Europas und ist der Ausgangspunkt.

Aussichtsreich radeln

Bike- und Wanderstrecke durch Lärchenwälder entlang des Stausees Place Moulin.

Der breite Weg führt entlang des türkisfarbenen Sees. Vorbei an kleinen Wasserfällen und durch Lärchenwälder. Die Strecke ist auch bei Wanderern sehr beliebt. Wir müssen manchmal vom Velo steigen, weil Wurzeln oder grobe Steine im Weg liegen

Blick in die Walliser Alpen

Ziel des E-Bike Ausflugs ist die Alp Prarayer.

Das letzte Stück geht es nur noch geradeaus. Am Ende des Sees auf der Alp Prarayer liegt die Berghütte, wo wir zum Mittagessen erwartet werden. Im Hintergrund der sattgrünen Landschaft glitzern die schneebedeckten Gipfel der Walliser Alpen. Zum Beispiel den Dent d’Hérens und das Matterhorn.

Ausgangspunkt für Gipfelstürmer

Die Schutzhütte Prarayer liegt auf 2005 m ü. M.

In der Hütte treffen sich Bergsteiger, Wanderer und Velofahrer. Sie ist normalerweise von Mai bis Oktober geöffnet und bietet neben Schlafplätzen auch ein Restaurant. Dort wird deftige Bergbauernkost serviert. Dazu gehören typische Würste wie Boudin oder Saouseusse und Speck.

Abgelegene Schönheiten

Das Valpelline ist geprägt von kleinen Dörfern.

Mit vollen Bäuchen geht es per Velo wieder die gleiche Strecke zurück zum Staudamm. Unser nächstes Ziel ist Aosta. Im Minivan sitzend fahren wir auf der kurvenreichen Strecke talabwärts. Vorbei an kleinen Dörfern mit Schieferdach bedeckten Häusern und Bauernhöfen.

Zeitreise in der Altstadt

Römerzeit und Moderne im Herzen von Aosta.

Unbedingt sehenswert ist die Altstadt von Aosta. Nicht umsonst wird sie auch Römerstadt genannt. Gleich neben dem Augustusbogen begrüsst eine Statue von Kaiser Augustus – der Namensgeber der Stadt- die Gäste am Eingang der Fussgängerzone. Durch die schmalen Gassen erspähen wir Ruinen des Teatro Romano.

Wie einst die Römer

Wandeln auf den Spuren der Römer an der Porta Praetoria.

Restaurants und Geschäfte säumen die Via Sant’Anselmo, die zum doppelten Torbogen führt. Die Porta Pretoria war einst das Osttor der römischen Garnisonsstadt und ist sehr gut erhalten. Wie auch die Fassade des römischen Theaters.

Geheimnisvolle Unterwelt

Kryptoportikus aus der römischen Vergangenheit von Aosta.

Wozu der Kryptoportikus bestimmt war ist umstritten. Beeindruckend ist das über eine Treppe erreichbare unterirdische Bauwerk mit den zwei Schiffen im Tonnengewölbe allemal.

Der Hauptplatz der Stadt

Das Rathaus an der Piazza Emilio Chanoux.

Richtig monumental erscheint das Rathaus von Aosta. Das im neoklassischen Stil erbaute Hôtel de Ville liegt am Hauptplatz der Stadt. Die beiden Statuen auf dem Dach verkörpern die beiden Flüsse Dora Baltea und Buthier, welche durch Aosta fliessen.

Kunstvolles Meisterwerk

Fresken im Dachgeschoss der Stiftskirche des Heiligen Ursus.

Ein anderes Kunstwerk ist der farbenfrohe Freskenzyklus auf dem Dachboden der Stiftskirche Sant’Orso. Er stammt aus dem 11. Jahrhundert.

Samson und der Löwe

Mosaik in der Stiftskirche des Heiligen Ursus in Aosta.

Sehenswert ist ein während archäologischen Ausgrabungen der Kirche Sant’Orso entdecktes Fussbodenmosaik. Es stellt Samson beim Kampf mit dem Löwen dar.

Wundersames im Kreuzgang von Sant’Orso

Ein kleines Loch in der verzierten Säule sorgte für ein Wunder.

Wegen der kunstvoll verzierten Marmor-Kapitelle lohnt sich ein Besuch des Kreuzgangs. Einige stellen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament dar. Andere aus dem Leben des Heiligen Ursus. Eine der romanischen Säulen ist ganz besonders faszinierend. Hier hat der Bildhauer ein kleines Loch hinzugefügt. So konnte man die Gläubigen mit einem Wunder überraschen, wenn Flüssigkeit aus dem Loch floss.

Kaffee nach Aostataler Art

Freundschaftsbecher gibt es nur im Aostatal.

Die Aostataler Spezialität war es aber wahrscheinlich nicht. Kaffee, Grappa, Zucker, Orangen- und Zitronenschalen sind die Zutaten für den einzigartigen Kaffee-Genuss. Getrunken wird die Mixtur aus einem traditionellen Freundschaftsbecher. Er wird zum Ende eines Festmahls oder Feierlichkeiten nach einem speziellen Ritual zwischen den Gästen herumgereicht.

Einzigartige Architektur

Wegen seiner aussergewöhnlichen Bauweise ist Schloss Aymavilles ein Hingucker.

So manches Fest wurde wohl auch im Schloss Aymavilles gefeiert. Wegen seiner Lage als bedeutender Transitweg, wimmelt es im Aostatal von Burgen, Festungen und Schlössern. Das im mittelalterlichen und barocken Stil erbaute Schloss Aymavilles ist eines der aussergewöhnlichsten. Es liegt auf einem von Weinbergen umgebenen Hügel.

Traditionelle Kochkunst entdecken

Alessia bekocht als Cesarine Gäste mit lokalen Köstlichkeiten.

In einem der Rebhänge werden wir von Alessia erwartet. Sie gehört zu einer Vereinigung, die sich Cesarine nennt. Ihr Angebot besteht aus Kochkursen für regionale Spezialitäten. Alessia zeigt uns beispielsweise, wie eine traditionelle Soupe à la Vapelenentse zubereitet wird.

Geniessen mit Aussicht

Schlemmen im Weinberg von Aymavilles.

Das nahrhafte Gericht aus hartem Brot, Fontina-Käse, Butter und Wirsingbrühe probieren wir schliesslich mitten im Weinberg. In Begleitung von anderen Köstlichkeiten und feinen Tropfen von der örtlichen Winzergenossenschaft Cave Onze Communes.

Valdostanische Kräuterkunde

Die Maison des Anciens Remédes beherbergt ein Heilkräuter-Museum.

Ein Kraut gegen einen Brummschädel gibt es sicher. Welche Kräuter gegen welche Krankheiten für Mensch und Tier eingesetzt werden können, erfahren wir in der Maison des Anciens Remédes. Der letzten Station unserer Reise. Zurück in die Schweiz fahren wir aus Zeitgründen durch den Grossen Sankt Bernhard-Tunnel. Der ist ganzjährig geöffnet, so dass einem erneuten Besuch des Aostatales auch im Winter nichts im Wege steht.

Barbara Blunschi’s Reisetipps

  • Anreise: Mit dem Auto ist das Aostatal über den Tunnel oder die Passstrasse des Grossen St. Bernhards erreichbar. Wenn über das zentrale Buchungssystem Valle d’Aosta Booking mindestens zwei Nächte gebucht werden, ist die Hin- und Rückfahrt durch den Tunnel kostenlos.
  • Übernachten im Valpelline: Das familiäre B&B Alpe Rebelle liegt in Bionaz und verfügt über einen eigenen Abenteuer- und Seilpark. Die renovierten Zimmer erinnern an gemütliche Berghütten
  • Übernachten in Aymavilles: Mit Blick auf das Schloss und die Weinberge wohnen die Gäste im Dreisternehotel Rendez-Vous im Ort Aymavilles. Ein idealer Ausgangspunkt für Ausflüge in der Region. Die Zimmer sind im alpinen Stil eingerichtet. Ein kleiner Spa-Bereich steht gegen Aufpreis zur Verfügung.
  • Restaurant-Tipp Valpelline: Hervorragend zubereitet und präsentiert werden die Spezialitäten aus dem Aostatal im Restaurant La Maison de Franco. Die Berghütte Rifugio Prarayer liegt im Hochtal von Bionaz und bietet eine tolle Aussicht in die Alpen und auf den Stausee Place Moulin.

  • Restaurant-Tipp Aosta: Die Osteria da Nando gibt es bereits seit 1957 und liegt in der Fussgängerzone der Altstadt von Aosta. Valdostanische Spezialitäten werden auf der Terrasse und im Lokal serviert.
  • Sehenswürdigkeiten: Das Besucherzentrum mit Museum und dem Reifelager des DOP Fontina-Käses in Valpelline. Wanderung oder E-Bike-Ausflug entlang des Stausees Place Moulin zur Berghütte Prarayer. Beim Stadtrundgang in Aosta, sollte man unbedingt einen Abstecher in die Kirche Collegiata Sant’Orso und den Kreuzgang einplanen. Wissenswertes rund um die regionalen Heilkräuter erfährt man in der Maison des Anciens Remédes in Jovencan.
  • Reiselektüre: Das Aostatal gilt immer noch als Geheimtipp! Darum gibt es im Michael Müller Verlag noch keinen separaten Reiseführer. Doch in jenem vom Piemont, widmet sich ein Teil speziell diesem sehenswerten Tal. Mit Wandervorschlägen, Ausflugstipps und vielen praktischen Informationen.
  • Informationen: Allgemeine Informationen und ganz viele Tipps sind auf der Website von Turismo Val d’Aosta zu finden.
  • Offenlegung Herzlichen für die grosszügige Einladung und Unterstützung von Turismo Val d’Aosta, welche mich für diese Medienreise eingeladen haben.
  • Italien im Blog: Das Reiseland Italien steht auch im Blog hoch im Kurs. In der Toskana gingen wir auf Spurensuche von Michelangelo im Valtiberina. Oder erlebten Kultur und Kulinarik in Arezzo. Viele Tipps gibt es im Blogbeitrag zu Mailand in der Vorweihnachtszeit. Winterlich präsentierte sich Südtirol bei unserem Urlaub auf dem Bauernhof. Unsere Wein-Tipps verraten wir in einem Beitrag rund um den Kalterer See. enedig im Winter ist ebenfalls immer eine Reise wert. Oder wie wäre es mit einer genussvollen Spritztour im Piemont?